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3 Fragen an Carina Jung,
Pädagogische Leitung der Stationären Jugendhilfe
am Liebfrauenhaus Herzogenaurach



Frau Jung, was sind Ihrer Meinung nach sogenannte „Systemsprenger“?

Ehrlich gesagt mag ich den Begriff nicht besonders, da er die Kinder und Jugendlichen in ein Raster zwängt, aus dem sie sich oftmals nur schwer und meist nur mit fachlicher Hilfe von außen wieder befreien können. Immer wieder erlebe ich in meinem beruflichen Alltag Betroffene, die – ich würde mal sagen – in jeder Hinsicht aus der Reihe tanzen, nicht in ein festes System oder Korsett passen: fast immer bringen diese eine extreme Vorgeschichte und ein damit zusammen hängendes konfliktbehaftetes Umfeld mit, was meist verantwortlich ist für ein auffälliges Sozialverhalten des Kindes oder Jugendlichen. Dies kann sich bis hin zum Suizid steigern.
 

Wie lassen sich solch schwerwiegende Verhaltensmuster verbessern? 

Der Schlüssel zu jedem dieser Kinder ist die Tatsache, dass jede Geschichte einmalig ist: Es mag Parallelen zu anderen Betroffenen geben, auf die ich in meiner Arbeit zurückgreifen kann, doch es gibt nie ein Patentrezept. Also muss ich mich ganz auf mein Gegenüber einlassen, einfühlsam schauen, was er oder sie gerade braucht, was ihr oder ihm gut tun könnte, was etwa ganz konkret hilfreich wäre, um die Situation und das jeweilige Verhalten zu entspannen. Dabei kann das eigene Bauchgefühl helfen, das dafür sorgt, dass man auch neue und manchmal ungewöhnliche Wege geht. Wichtig bei all dem: Es gibt keine hoffnungslosen Fälle. Jedes Verhalten hat eine Ursache, die es herauszufinden gilt – so mühsam dies manchmal auch sein mag.


Wie ist Ihr persönliches Vorgehen mit solchen Extremfällen?

Als Pädagogin möchte ich nie aus den Augen verlieren, dass jeder Mensch – so kompliziert sich die Situation für alle Beteiligten auch darstellt – einen positiven Kern hat. Manchmal muss man sich eine ganze Weile an diesem Gedanken festhalten, bis es bergauf geht. Ich glaube fest daran, dass  niemand sich absichtlich – sagen wir einmal scheußlich – verhält, um Andere zu ‚ärgern‘. Es ist immer auch ein Hilferuf. An dieser Stelle sind mein Team und ich gefordert, manchmal bis an unser aller Belastungsgrenze. Doch: Meist platzt irgendwann der Knoten, und dieser Moment ist nicht nur eine enorme Bestätigung, sondern auch eine große Freude – wenn man sehen darf, dass  sich der gemeinsame Kampf gelohnt hat. Weil man den jungen Menschen eben nicht aufgegeben hat.

Interview: Ulrike Schwerdtfeger


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